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Der Hammer eines Richters

Hinweisgeber­schutzgesetz in Deutschland ist beschlossene Sache - Mit vielen Änderungen

Nach vielen Rückschlägen im Gesetzgebungsverfahren haben Bundestag und Bundesrat das Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern (HinSchG) am 11. und 12. Mai 2023 verabschiedet. Die Umsetzung der EU-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern (2019/1937) hatte bereits innerhalb der Großen Koalition für Streit gesorgt. Der damalige Entwurf wurde nicht weiter verfolgt und die Frist zur Umsetzung der Richtlinie konnte nicht eingehalten werden.

Mit fast eineinhalbjähriger Verspätung wurde das HinSchG nun vom Bundestag verabschiedet und erhielt die Zustimmung des Bundesrates. Das Gesetz wird voraussichtlich im Juni 2023 in Kraft treten.

Lange überfällige Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie

Vorausgegangen war ein scheinbar endloses Tauziehen im Gesetzgebungsverfahren mit mehreren Kursänderungen. Bis zum 17. Dezember 2021 hätte die EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Der am 16. Dezember 2022 vom Bundestag verabschiedete Regierungsentwurf der Ampelkoalition (BT-Drs. 20/4909) scheiterte jedoch am 10. Februar 2023 im Bundesrat.

Erschwerend kam hinzu, dass die EU-Kommission Deutschland am 15. Februar 2023 vor dem Europäischen Gerichtshof wegen verspäteter Umsetzung der Hinweisgeberrichtlinie verklagte und ein Zwangsgeld in Höhe von 61.600 Euro für jeden Tag der Verspätung, mindestens aber insgesamt 12 Millionen Euro forderte.

Die Regierungsparteien versuchten daraufhin, die Strafzahlung durch einen Griff in die parlamentarische Trickkiste zu umgehen. Sie teilten den bisherigen Entwurf in zwei Teile - einen Teil, der keine zustimmungspflichtigen Regelungen enthielt, und einen Teil, der die zustimmungspflichtigen Aspekte der Anwendung des Gesetzes auf Beamte und Behörden betraf. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch, da die Aufspaltung des HinSchG in zwei separate Gesetze die erforderliche Zustimmung des Bundesrates verhinderte.

Nach erheblichen Bedenken und Widerständen gab die Bundesregierung das Vorhaben auf und rief den Vermittlungsausschuss an. Dort wurde schließlich ein Kompromiss gefunden, der den im Februar im Bundesrat gescheiterten Gesetzentwurf aufgriff und zu einzelnen Änderungen des bisherigen Regierungsentwurfs führte.

Keine Änderung des Anwendungsbereichs des HinSchG

Der mit der CDU/CSU erzielte Kompromiss sieht keine Änderungen im Anwendungsbereich des HinSchG vor. Für die Ampelparteien war der weite Anwendungsbereich des HinSchG offenbar nicht verhandelbar. Damit geht das HinSchG weiterhin über die Anforderungen der EU-Richtlinie hinaus. Für Unternehmen bedeutet dies konkret, dass Unternehmen mit mehr als 249 Beschäftigten interne Meldekanäle einrichten müssen, über die Hinweisgeber geschützt und vertraulich Meldungen abgeben können. Für Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitern gilt diese Verpflichtung ab dem 17. Dezember 2023. Unternehmen, die einem Konzern angehören, haben laut Gesetzesbegründung die Möglichkeit, auf einen konzernweiten Meldekanal zurückzugreifen.

Wie bereits in den letzten Entwürfen des HinSchG vorgesehen, werden Hinweisgeber nicht nur bei Hinweisen auf Verstöße gegen EU-Recht geschützt, sondern auch bei Hinweisen auf Verstöße gegen nationales Recht, insbesondere Straftaten und bestimmte Ordnungswidrigkeiten.

Keine Verpflichtung zum anonymen Meldekanal

Das Hauptanliegen der Union und die wichtigste Neuerung für Unternehmen ist, dass sie nicht mehr verpflichtet sind, anonyme Meldewege zu offerieren, die auch eine Kommunikation mit einem anonym bleibenden Hinweisgeber ermöglichen. und dafür in der folge zwigend ein digitales Hinweisgebersystem einzurichten. Anonyme Meldungen sollten jedoch trotzdem bearbeitet werden. Diese Änderung beruht auf der Befürchtung, dass anonyme Meldungen zur Denunziation von Mitarbeitern genutzt werden könnten. Gleichzeitig soll den Unternehmen der Aufwand für anonyme Kommunikationswege für die Umsetzung des HinSchG erspart werden. Das Anliegen, dass das HinSchG nicht zur Denunziation beitragen soll, ist an sich verständlich und nachvollziehbar. Praktische Erfahrungen zeigen jedoch, dass Denunziationen im Zusammenhang mit Hinweisgebersystemen die Ausnahme sind. Auf der anderen Seite haben Unternehmen, die bereits ein freiwilliges Hinweisgebersystem betreiben, die Erfahrung gemacht, dass berechtigte Hinweise auf Verstöße häufig anonym erfolgen.

Geringere Bußgelder und weitere Änderungen

Der Bußgeldrahmen für Verstöße gegen das HinSchG wurde geändert. Die Höchststrafe wurde von bis zu 100.000 Euro auf maximal 50.000 Euro gesenkt. Obwohl die Regelungen des HinSchG bereits einen Monat nach Verkündung in Kraft treten sollen, werden Bußgelder gegen Unternehmen, die noch kein Hinweisgebersystem eingerichtet haben, erst sechs Monate nach Verkündung des HinSchG verhängt.

Auch aus Sicht potenzieller Hinweisgeber haben sich Änderungen ergeben: Erwähnenswert ist, dass die Entschädigung für immaterielle Schäden (Schmerzensgeld) bei Benachteiligungen aufgrund von Meldungen gestrichen wurde. Die im Gesetz vorgesehene Beweislastumkehr zugunsten des Hinweisgebers im Falle einer Diskriminierung greift nur dann, wenn der Hinweisgeber ausdrücklich geltend macht, dass die Benachteiligung auf der erfolgten Meldung beruht.

Fazit und Perspektiven für Unternehmen

Trotz aller Kritik werden Hinweisgebersysteme auch in deutschen Unternehmen Einzug halten (müssen). Ein Hinweisgebersystem ist seit einigen Jahren einer der wichtigsten Bausteine eines funktionierenden Compliance Management Systems, dennoch wurde das Thema in vielen Unternehmen lange Zeit kritisch betrachtet.

Aus Compliance-Sicht ist die Frage, ob Unternehmen anonymen Hinweisen nachgehen sollten oder nicht, eindeutig zu bejahen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Die Möglichkeit der anonymen Meldung bietet vielen Hinweisgebern ein zusätzliches Maß an Sicherheit und ist häufig der Auslöser dafür, überhaupt eine Meldung zu machen. Dies dürfte sich auch mit dem künftigen gesetzlichen Schutz von Hinweisgebern vor Diskriminierung nicht ändern. Ohne die Möglichkeit anonymer Meldungen besteht die Gefahr, dass sich Hinweisgeber künftig entweder an die (staatliche) externe Meldestelle wenden oder von einer Meldung ganz absehen. Beides wäre nicht im Interesse der betroffenen Unternehmen.

Zudem ist die Unternehmensleitung bereits aufgrund der Legalitätspflicht verpflichtet, plausiblen Hinweisen auf Rechtsverstöße nachzugehen, unabhängig davon, ob diese anonym oder nicht anonym erfolgen. Nicht zuletzt kann der Eingang anonymer Hinweise auch eine nicht unerhebliche Rolle bei der Frage spielen, ob ein eingerichtetes Compliance Management System als wirksam angesehen werden kann. Die Wirksamkeit ist wiederum ein wesentliches Kriterium bei der Bemessung einer Unternehmensgeldbuße. Die Entgegennahme und Bearbeitung anonymer Hinweise ist den Unternehmen daher weiterhin dringend zu empfehlen.

Für alle Unternehmen, die noch kein Hinweisgebersystem eingerichtet haben, besteht jetzt Handlungsbedarf. Die Einrichtung eines Hinweisgebersystems ist ein nicht zu unterschätzendes Projekt, für das ausreichend Zeit eingeplant werden sollte. Bei der Umsetzung sind eine Reihe von Fragen zum Whistleblowing, zum Arbeitsrecht und zum Datenschutz zu klären. Kleine und mittlere Unternehmen müssen zudem klären, wer (innerhalb oder außerhalb des Unternehmens) für die einzurichtende Meldestelle tätig werden soll.

Schließlich müssen Unternehmen mit ausländischen Tochtergesellschaften nicht nur die Vorgaben des deutschen HinSchG, sondern auch die nationalen Hinweisgeberschutzgesetze der jeweiligen Mitgliedstaaten beachten.

Zu viel zu beachten?

Haben Sie Fragen oder suchen Sie einen Partner, der Ihnen bei einer ersten internen Prüfung hilft, wie Sie das Gesetz in Ihrem Unternehmen umsetzen sollen? Suchen Sie passende Software oder doch gleich den Partner für den Betrieb eines Meldekanals sowie die Bearbeitung von Hinweisgeberfällen? Wir sind für Sie da. Schreiben Sie uns einfach eine E-Mail an hi@konfidal.eu oder rufen Sie uns an unter +49 (0) 176 72224558.

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