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Ein Stapel Papiere in einem Untersuchungsprozess.

Wie mit Hinweisgeberfällen umgehen? Stichhaltigkeitsprüfung, Prüfschemata und praktische Durchführung

Hinweisgeber, auch Whistleblower genannt, spielen eine wichtige Rolle bei der Aufdeckung von Fehlverhalten, Missständen oder kriminellen Handlungen innerhalb von Organisationen. Eine wirksame Überprüfung der Stichhaltigkeit von Meldungen ist von entscheidender Bedeutung, um die Glaubwürdigkeit der gemeldeten Informationen zu beurteilen und angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Gerade vor dem Hintergrund des Hinweisgberschutzgesetzes wie es in Deutschland und Österreich mittlerweile gilt (HinSchG und HSchG), ist hierauf besonderes Augenmerk zu richten. In diesem Blogbeitrag stellen wir Prüfschemata vor und gehen auf die praktische Umsetzung der Stichhaltigkeitsprüfung ein.

Schritt-für-Schritt-Prüfschema

Ein strukturiertes Prüfschema erleichtert die Beurteilung der Stichhaltigkeit von Hinweisen. Hierzu existieren schon allein aus der juristischen Fachliteratur oder aus der Praxis von Staatsanwaltschaften, wenn es um die eventuelle Verfolgung von Straftaten geht, sehr elaborierte Prüfabläufe. Es gilt allerdings: Sie müssen kein Fachexperte oder Strafverfolger sein, um einen der Sache angemessenen Umgang mit Hinweisgeberfällen finden zu können. Daher stehen wir im folgenden eine mögliche Vorgehensweise vor, die vom Grad der Komplexität auch für kleinere Organisationen handhabbar ist:

1.1 Sammeln von Informationen

Zunächst ist es wichtig, alle relevanten Informationen des Hinweisgebers zu dokumentieren. Dazu gehören persönliche Daten, der gemeldete Sachverhalt, beteiligte Personen und mögliche Beweismittel.

1.2 Anonymität und Vertraulichkeit wahren

Die Identität des Hinweisgebers sollte geschützt werden, um mögliche Vergeltungsmaßnahmen zu vermeiden. Stellen Sie sicher, dass alle Informationen vertraulich behandelt und nur an befugte Personen weitergegeben werden. Sollte der Hinweisgeber anonym gemeldet haben, sorgen Sie dafür, dass seine Identität geschützt bleibt und machen Sie Dritten den Fall nur dann zugänglich, wenn dies die Aufklärung erfordert. Zudem sollten Sie darauf achten, dass nur Teile des Hinweises an Dritte preisgegeben werden, um die Anonymität des Hinweisgebers durch eventuelle Rückschlüsse, die sich aus der Meldung ergeben, nicht versehentlich preiszugeben.

1.3 Erste Einschätzung

Beurteilen Sie, ob der gemeldete Sachverhalt plausibel ist und ob es sich um einen ernsthaften Vorwurf handelt, der weitere Untersuchungen rechtfertigt. Meldungen, die eindeutig auf eine missbräuchliche Verwendung des Hinweisgeberkanals hindeuten sind begründet zurückzuweisen. Achten Sie aber auch hier auf eine ausreichende Dokumentation Ihres Handelns.

1.4 Beurteilung der Glaubwürdigkeit

Prüfen Sie, ob der Hinweisgeber glaubwürdig erscheint und ob es Hinweise auf eigennützige Motive gibt.

1.5 Sammeln von Beweisen

Sammeln von Beweisen, die die gemeldeten Informationen stützen, z. B. Dokumente, Zeugenaussagen oder elektronische Daten. Vermeiden Sie allerdings in der regelhaften Kommunikation mit dem Hinweisgeber, nach weiteren Belegen für Hinweise zu fragen. Nur wenn der Hinweisgeber diese teilt, sollten Sie diese auch in Ihre Prüfung einbinden. Es sollte optimalerweise vermieden werden, dass Sie den Hinweisgebenden zur insgeheimen Untersuchungs- bzw. Ermittlungsperson machen und dieser womöglich auf potenziell strafbarem Wege noch weitere Beweismittel für seinen Hinweis herbeischafft.

1.6. Bewertung der Beweise

Bewertung der Qualität und Relevanz der gesammelten Beweise und Beurteilung, ob diese ausreichen, um die berichteten Sachverhalte zu belegen.

1.7 Abschlussbericht und Maßnahmen

Erstellung eines Abschlussberichts, der die Ergebnisse der Stichhaltigkeitsprüfung zusammenfasst, und Einleitung geeigneter Maßnahmen, z. B. interne Untersuchungen (durch internes oder externes Personal durchgeführt), das Hinzuziehen von spezialisierten Anwälten oder gar das Einschalten von Aufsichtsbehörden.

Praktische Umsetzung

Die erfolgreiche Durchführung einer Stichhaltigkeitsprüfung erfordert eine sorgfältige Planung und ein gutes Zeitmanagement. Hier einige praktische Tipps:

2.1 Verantwortlichkeiten klären

Legen Sie fest, wer innerhalb der Organisation für die Stichhaltigkeitsprüfung zuständig ist, z.B. eine Compliance-Abteilung, der eigene Synikusanwalt oder ein externer Beauftragter. Achten Sie darauf, dass nicht Personen mit der Stichhaltigkeitsprüfung betraut werden, die eventuell sich anschließende interne Untersuchungen durchführen sollten und auch kein Interessenskonflikt zwischen deren Rolle als meldestellenverantwortliche Person und deren Funktion als Internal Investigations Unit vorherrscht. Die Logik gebietet, dass diese beiden Aufgaben nicht in Personalunion durchgeführt werden. Grund dafür sind eventuelle Interessenskonflikte oder Befangenheiten, die sich aus der Tatsache ergeben, dass Fälle bearbeitet und geprüft werden und dadurch Details deutlich werden, die die Stoßrichtung von internen Untersuchungen schon massiv einengen würden oder bei interenen Datenschützenden diese die Meldestelle auch hinsichtlich des Datenschutzes überwachen müssen und dies nicht tun könn, wenn sie gleichzeitig die Meldstelle selbst sind.

2.2 Schulung und Sensibilisierung

Stellen Sie sicher, dass die für die Stichhaltigkeitsprüfung verantwortlichen Personen über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen und mit den relevanten Gesetzen und Vorschriften vertraut sind.

2.3 Kommunikation und Kooperation

Fördern Sie eine offene Kommunikation zwischen den verschiedenen Abteilungen und fördern Sie die Zusammenarbeit, um alle relevanten Informationen zu sammeln und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Achten Sie aber darauf bei der Kommunikation mit anderen Abteilungen bei der Beschaffung von Informationen zur Stichhaltigkeitsprüfung nicht versehentlich Details aus dem ursprünglichen Hinweis offenzulegen.

2.4. Dokumentation und Nachverfolgung

Sie sollten alle Schritte der Validierung sorgfältig dokumentieren und sicherstellen, dass alle relevanten Informationen gespeichert, nachverfolgt und später auch noch nachvollzogen werden können. Gute Software hilft hierbei by design. Allerdings können Sie beispielweise für das deutsche HinSchG die wichtigsten Dokumentationsvorschriften auch im Gesetzestext finden.

2.5. Kontinuierliche Verbesserung

Überprüfen Sie regelmäßig die Wirksamkeit Ihrer Stichhaltigkeitsprüfung und passen Sie bei Bedarf Ihre Prozesse und Richtlinien an, um eine effektive Prüfung von Hinweisgeberfällen sicherzustellen. Sollten beispielsweise alle Meldungen eines definierten Zeitraums das Label “nicht stichhaltig” erhalten haben, liegt der Verdacht nahe, dass die Prüfungsabläufe fehlerhaft sind. In der Regel geht man davon aus, dass zwischen 25-50 % aller Fälle stichhaltig sind und auf einen reellen Missstand hinweisen.

Schlussfolgerung

Eine sorgfältige Prüfung der Stichhaltigkeit von Meldungen ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die gemeldeten Informationen glaubwürdig und relevant sind. Durch die Anwendung eines strukturierten Prüfschemas und die Berücksichtigung praktischer Aspekte können Organisationen effektiv auf Hinweisgeberfälle reagieren und angemessene Maßnahmen ergreifen. Dies trägt dazu bei, Fehlverhalten und Missstände aufzudecken und eine verantwortungsvolle Unternehmenskultur zu fördern.

Diese Darstellung berücksichtigt nicht gegebenenfalls abweichende Regelungen in einzelnen Gesetzen, die andere Vorgehensweisen oder Prüfabläufe vorsehen. Da weder die EU-Hinweisgeber-Richtlinie noch das kommende Hinweisgeberschutzgesetz in Deutschland und auch nicht das HinweisgeberInnenSchutzgesetz in Österreich explizite Verfahrensvorgaben für die Stichhaltigkeitsprüfung machen, sind Unternehmen hier frei in der Wahl des konkreten Ablaufs. Eine besonders bemerkenswerte und im Falle eines späteren Rechtsstreits vermutlich optimale Vorgehensweise stellt der Compliance-Fachspezialist und Rechtsanwalt Andreas Trapp aus Passau in diesem Video genauer dar.

Darauf aufbauend stellt konfidal Ihnen eine programmgestütze Stichhaltigkeitsprüfung zur Verfügung, mit der sie über Scoring-Werte schnellstens erfassen können, ob ein Fall eher Stichhaltig oder nicht ist. Zudem unterstützt Sie das System dabei herauszufinden, ob der Fall überhaupt unter das rechtliche Anwendungsgebiet von stehenden Gesetzen fällt oder ob der Fall womöglich direkt an eine öffentliche Stelle gemeldet werden sollte. Sprechen Sie uns direkt an, wenn Sie dieses Feature mehr erfahren möchten. Sie erreichen uns unter hi@konfidal.eu oder unter +49 (0) 176 72224558. Hier stehen wir Ihnen auch zur Verfügung, wenn Sie über ein vollständiges Outsourcing Ihres Meldestellenbetriebs nachdenken.

Bitte beachten Sie, dass dieser Text weder eine Rechtsberatung darstellt noch eine anwaltliche Beratung zur Auslegung einzelner Gesetze ersetzen kann oder soll.

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