Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist ein bedeutendes Instrument, das den Schutz von Whistleblowern in Deutschland gewährleistet. Es dient der Umsetzung der EU-Whistleblower-RL und verfolgt das Ziel, Rechtsverstöße aufzudecken und zu bekämpfen, indem es diejenigen vor Benachteiligungen, Repressalien oder Diskriminierungen schützen soll, die solche Verstöße melden. Doch welche Rechtsverstöße werden genau von diesem Gesetz erfasst? In diesem Artikel beleuchten wir den Geltungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes.
Hinweisgebende Personen haben nach dem HinSchG die Möglichkeit, verschiedene Arten von Rechtsverletzungen zu melden. Verstöße im Sinne des Gesetzes sind rechtswidrige Handlungen und Unterlassungen im Rahmen einer beruflichen, unternehmerischen oder dienstlichen Tätigkeit. Informationen über Verstöße und damit meldefähig sind “begründete Verdachtsmomente oder Wissen über tatsächliche oder mögliche Verstöße” (§3 Abs. 3 HinSchG). Entscheidend ist, dass Informationen über privates Fehlverhalten ohne beruflichen, unternehmerischen oder dienstlichen Bezug nicht erfasst werden, auch wenn sie im beruflichen Kontext erlangt wurden. Das Gesetz findet nur noch Anwendung auf Informationen über Verstöße, wenn diese in Bezug auf den Beschäftigungsgeber der hinweisgebenden Person oder eine andere Stelle stehen, mit der die betreffende Person beruflich in Kontakt stand und diese bereits begangen wurden oder sehr wahrscheinlich erfolgen werden, sowie über Versuche der Verschleierung solcher Verstöße (§3 Abs. 3 HinSchG). Dies gilt sowohl für interne als auch für externe Meldungen. Nur wenn eine Meldung in den sachlichen Anwendungsbereich des HinSchG fällt, gelten auch die Schutzwirkungen des Gesetzes für die hinweisgebende Person. Der sachliche Anwendungsbereich regelt § 2 des Hinweisgeberschutzgesetzes, in dem eine abschließende Aufzählung konkretisiert wird.
→ Strafbewehrte Verstöße: Meldefähig werden zunächst alle Verstöße gegen jede Strafnorm nationalen Rechts, darunter strafbare Formen der Korruption, Betrug und zunehmend auch Umweltkriminalität.
→ Bußgeldbewehrte Verstöße: Verstöße, die bußgeldbewehrt sind, umfassen zwei Seiten. Einerseits, wenn die verletzte Norm dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit von Beschäftigten dient. In die Kategorie der mit Bußgeldern belegten Verstöße fallen entsprechend Verletzungen von Anforderungen in Gebieten wie dem Arbeitsschutz, dem Gesundheitsschutz oder Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen aus dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder dem Mindestlohngesetz, wobei auch arbeitsschutzrechtliche Mitteilungs-, Erlaubnis-, Prüfungs-, Bestellungs-, Belehrungs-, Dokumentations- und Anzeigepflichten erfasst sind. So werden von dieser Kategorie auch Bußgeldvorschriften erfasst, die dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dienen, wie Verstöße gegen Informations- und Auskunftspflichten gegenüber Betriebsverfassungsorganen wie Betriebsräten.
→ Sonstige Verstöße gegen Rechtsvorschriften: Darüber hinaus sind alle Verstöße gegen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder umfasst, die zur Umsetzung bestimmter europäischer Regelungen getroffen wurden sowie Verstöße gegen unmittelbar geltende Rechtsakte der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft
a) | zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, vgl. auch |
b) | mit Vorgaben zur Produktsicherheit und -konformität: Hierbei handelt es sich um Normen, die die Herstellung und den Verkauf sicherer Produkte regeln. |
c-g) | Regelungen zur Verkehrssicherheit (Straße, See, Luft): Dies betrifft umfassende Vorschriften in den Bereichen Straßen-, See- und Luftverkehr und Vorgaben zur Gewährleistung der Eisenbahnbetriebssicherheit sowie der Gewährleistung der Sicherheit in Straßentunneln und der Zulassung von Verkehrsbetrieben sowie Vorgaben zur sicheren Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, per Eisenbahn und per Binnenschiff (§2 Abs. 3 c-g HinSchG). |
h) | mit Vorgaben zum Umweltschutz: Hierunter fallen Vorgaben zum Umweltschutz, die sowohl nationale als auch europäische Ziele zur Erhaltung und Pflege der Umwelt abdecken. |
i) | mit Vorgaben zum Strahlenschutz und zur kerntechnischen Sicherheit: Dies umfasst Vorschriften, die darauf abzielen, Personen vor Strahlenexposition zu schützen und die Sicherheit in kerntechnischen Anlagen zu gewährleisten, ergänzt durch Strahlenschutz, und die Anwendung wirksamer und effizienter Sicherungsmaßnahmen für Kernmaterial in Drittstaaten |
j) | zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und der Energieeffizienz: Hierzu zählen u.a. Bestimmungen zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien, Diversifizierung der Energiequellen der EU, Förderung der Erforschung von kohlenstoffarmen und sauberen Energietechnologien, Energieversorgungssicherheit und zur Verbesserung der Energieeffizienz. |
k) | zur Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit: Dies betrifft neben “Vorschriften zur ökologischen Produktion und zur Kennzeichnung von ökologischen Erzeugnissen” u.a. Vorschriften zum “Inverkehrbringen und Verwenden von Pflanzenschutzmitteln” sowie zur Tiergesundheit und dem Tierschutz: Hierzu zählen Vorgaben zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Kontexten, laut HinSchG “soweit sie den Schutz von landwirtschaftlichen Nutztieren, den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung, die Haltung von Wildtieren in Zoos, den Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere sowie den Transport von Tieren und die damit zusammenhängenden Vorgänge betreffen.” (§2 Abs. 3k HinSchG) Zur Umsetzung des Lebens- und Futtermittelrechts der EU siehe auch Link1 und Link2 |
l) | zu Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Organe und Substanzen menschlichen Ursprungs, Human- und Tierarzneimittel, Medizinprodukte sowie die grenzüberschreitende Patientenversorgung. Die Zuständigkeit für die Ausarbeitung der Gesundheitspolitik sowie für die Organisation und Bereitstellung von Gesundheitsdiensten und medizinischer Versorgung liegt bei den Mitgliedstaaten. In diesem Bereich hat die EU eine ergänzende Rolle. |
m) | zur Herstellung, Aufmachung und zum Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen, |
n) | *zur Regelung der Verbraucherrechte und des Verbraucherschutzes: Hierunter fallen neben Regelungen zum Verbraucherschutz im Zusammenhang mit Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern der Schutz von Verbrauchern im Bereich der Zahlungskonten und Finanzdienstleistungen, bei Preisangaben sowie vor unlauteren geschäftlichen Handlungen |
o) | *zum Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation, zum Schutz der Vertraulichkeit der Kommunikation und zum Schutz personenbezogener Daten im Bereich der elektronischen Kommunikation. Hierzu zählt z.B. auch der Schutz vor unzumutbarer Belästigung durch Werbung mittels Telefonanrufen, automatischen Anrufmaschinen, Faxgeräten oder elektronischer Post (§ 2 Abs. 3o HinSchG). |
p) | zum Schutz personenbezogener Daten und zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr, |
q) | zur Sicherheit in der Informationstechnik, |
r) | zur Regelung der Rechte von Aktionären von Aktiengesellschaften, |
s) | zur Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse, |
t) | zur Rechnungslegung einschließlich der Buchführung von Unternehmen, die kapitalmarktorientiert [...] sind und u.U. von Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten, Wertpapierinstituten, Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds vgl. §2 Abs. 3t HinSchG |
→ Öffentlichen Aufträgen und Konzessionen: Verstöße gegen bundesrechtlich und einheitlich geltende Regelungen für Auftraggeber zum Verfahren der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen
→ Verstöße gegen § 4d Abs. 1 Satz 1 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes,
→ steuerlichen Rechtsnormen für Körperschaften und Personenhandelsgesellschaften: Verstöße gegen für Körperschaften und Personenhandelsgesellschaften geltende steuerliche Rechtsnormen,
→ Verstöße in Form von Vereinbarungen, die darauf abzielen, sich in missbräuchlicher Weise einen steuerlichen Vorteil zu verschaffen, der dem Ziel oder dem Zweck des für Körperschaften und Personenhandelsgesellschaften geltenden Steuerrechts zuwiderläuft,
→ Regelungen im Bereich des Wettbewerbsrechts: Verstöße gegen die Gesetze gegen Wettbewerbsbeschränkungen,
→ Auch der Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue (z. B. bei Äußerungen von Beamtinnen und Beamten) gehört dazu.
→ Verstöße auf EU-Ebene: Schließlich gilt das Gesetz auch für Verstöße gegen den Schutz der finanziellen Interessen der EU, Verstöße gegen EU-Finanzierungsregeln sowie gegen Binnenmarktvorschriften, einschließlich der Vorschriften der EU über Wettbewerb und staatliche Beihilfen.
Das Hinweisgeberschutzgesetz bietet einen umfassenden Schutz für diejenigen, die Verstöße gegen eine breite Palette von Rechtsnormen melden. Dies reicht von strafrechtlichen und bußgeldbewehrten Verstößen über Umwelt- und Verbraucherschutz bis hin zu Wettbewerbs- und Steuerrecht. Ein Verstoß im Sinne des HinSchG liegt auch vor bei missbräuchlichen Handlungen oder Unterlassungen von Handlungen, die den Intentionen und Zielen der entsprechenden Regelungen widersprechen. Dies dient dazu, missbräuchliche Praktiken zu berücksichtigen, die der Gesetzgeber möglicherweise nicht vorhergesehen hat, die er jedoch in Betracht gezogen hätte, wenn er sich der potenziellen Umgehungsmöglichkeiten bewusst gewesen wäre. Grundsätzlich sollte die Person, die einen Hinweis gibt, zum Zeitpunkt der Mitteilung ausreichend Grund zur Annahme haben, dass die bereitgestellten Informationen korrekt sind und im Kontext des Whistleblower-Schutzgesetzes stehen. Nach § 6 des Hinweisgeberschutzgesetzes ist es gestattet, ein Geschäftsgeheimnis an eine entsprechende Stelle weiterzugeben, wenn die Person genügend Gründe hatte zu glauben, dass die Offenlegung erforderlich war, um einen Regelverstoß aufzudecken, und dass die berichteten Fakten des meldefähigen Sachverhalts wahr sind.
Externes Meldesystem: Das Bundesamt für Justiz ist die zentrale Stelle für die Entgegennahme von Hinweisen, die dann an die jeweils zuständigen Behörden weitergeleitet werden. Jede externe Meldung löst eine formelle behördliche Prüfung aus!
Interne Meldeverfahren: Hinweise können in verschiedener Form, wie persönlich, telefonisch oder elektronisch abgegeben werden. Die zur Einrichtung einer internen Meldestelle verpflichteten Unternehmen ab 50 Mitarbeitende, aber auch kleinste Unternehmen, sollten sich jetzt dringend um die Umsetzung der Anforderungen des HinSchG kümmern und über die Einrichtung der Meldestelle und Meldemöglichkeiten mittels Website oder Intranet informieren.
Bearbeitungsprozess: Eingehende Meldungen müssen innerhalb von sieben Tagen bestätigt werden. Der Hinweisgeber muss innerhalb von drei Monaten über die ergriffenen Maßnahmen informiert werden. Das gesamte Verfahren sollte dokumentiert und nach zwei Jahren gelöscht werden. Zur Einhaltung von Fristen und Dokumentationsvorgaben sowie DSGVO-Richtlinien empfiehlt sich eine Meldestellen-Software Meldestellen-Software, die Ihnen dabei hilft, den nach HinSchG erforderlichen Meldekanal mit wenigen Klicks schnell einzurichten.
Umgang mit Hinweisgebern: Die Identität des Hinweisgebers sollte vertraulich behandelt werden. Der Schutz des Hinweisgebers gilt für verschiedene Gruppen wie Arbeitnehmer, Kunden und Lieferanten. Whistleblower sollten vor beruflichen Repressalien geschützt sein.
Sanktionen: Bei Nicht-Umsetzung oder Zuwiderhandlung gegen die gesetzlichen Anforderungen des Hinweisgeberschutzgesetzes drohen bis zu 50.000 Euro Strafe für Verstöße.
Interne Meldestelle einfach einrichten mit konfidal: Unternehmen können mit der Software von konfidal direkt eine Meldestelle einrichten, um den gesetzlichen Anforderungen des Hinweisgeberschutzgesetzes gerecht zu werden. Das konfidal-Angebot: Unkompliziert, zu festen Preisen und DSGVO-konform.
Die Bestimmung, ob der Geltungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes eröffnet ist, kann aufgrund der oben dargestellten umfangreichen Bestimmungen kompliziert sein. Bei Unsicherheiten sollte der gemeldete Sachverhalt einer gründlichen Prüfung unterzogen werden, welche wir gerne für Sie übernehmen, und als unter dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterfallend behandelt werden, auch um Dokumentations- und Handlungspflichten wie der Entgegennahme von Meldungen nachzukommen. Alle Themen rund um das Hinweisgeberschutzgesetz finden Sie unter unserem Blog